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Politische Bildung

Kontakt

Das Referat für politische Bildung übernimmt die vom ThürHG an die Studierendenschaft übertragene Aufgabe, die politische Bildung und das staatsbürgerliche Verantwortungsbewusstsein der Studierenden zu fördern.

Wir versuchen zahlreiche Podiumsdiskussionen, Vorträge, Ausstellungen etc., die sich meistens auf aktuelle oder historische Themen beziehen, zu organisieren.

Selbstverständnis

(Vorweg: Jede Literaturangabe ist auch eine Literaturempfehlung!)

Aufklärung

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seinerohne Leitung eines anderen zu bedienen. (Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?)

Spätestens seit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten ist offensichtlich, dass Aufklärung gescheitert ist. Dies spiegelt sich wider im unbedingten Willen des Faschismus zur Macht und Beherrschung, dem ebenso unbedingter Gehorsam folgen muss, und der somit die Fähigkeit des Menschen, sich selbst ein Urteil über sich und seine Umwelt bilden zu können, zu beseitigen beabsichtigt, kurz der »Liquidierung des Individuums«. In Anlehnung an Kants Aufklärungsbegriff möchten wir eine Plattform bieten, aufklärerisches Denken zu stärken. Ein unserer Meinung nach geeignetes Mittel dafür ist Bildung.

Bildungsbegriff

Das Wahre ist das Ganze. (Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Phänomenologie des Geistes)

Der heute – auch an unserer Universität – übliche Bildungsbegriff ist einer, der nur eine Ausbildung für einen späteren Beruf meint. Von Relevanz ist nichts als das, was wichtig für die spätere Karriere ist. Geist, Wissen und Bildung sind zum bloßen Mittel und Wettbewerbsvorteil degeneriert.

Dem möchten wir einen Bildungsbegriff entgegenhalten, der ein reflektiertes, kritisches Denken und ein darin wurzelndes Entscheiden ermöglicht. Dazu bedarf es neben dem Kampf gegen die Begriffslosigkeit auch dem Erlernen der Fähigkeit, Inhalte und Erfahrungen in ihrer Gesamtheit zu erfassen, anstatt sie als bloße atomisierte und auswechselbare Informationen wahrzunehmen, die es anzuhäufen gelte.

Ideologiekritik

[Der Psychoanalyse] Absicht ist ja, das Ich zu stärken, es vom Über-Ich unabhängiger zu machen, sein Wahrnehmungsfeld zu erweitern und seine Organisation auszubauen, so dass es sich neue Stücke des Es aneignen kann. Wo Es war, soll Ich werden. (Sigmund Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse)

Ideologie ist »objektiv notwendiges und zugleich falsches Bewusstsein«. Objektiv notwendig ist es aufgrund von Sozialisierung, die ein gewünschtes Verhalten bzw. Bewusstsein befördert. Dieses Bewusstsein rechtfertigt wiederum die aktuelle Ideologie und Gesellschaft und damit auch das in letzterer bestehende Leiden und Elend. Falsch ist dieses Bewusstsein, weil sein Denken nicht mit der Realität übereinstimmt. Um eine Konfrontation mit der Wahrheit zu vermeiden, biegt es sich in die Illusion um und reproduziert damit die selbstverschuldete Unmündigkeit des Menschen.

Der Mensch fühlt sich mit überwältigender Mehrheit als selbstbestimmt. Die Entstehung der Psychoanalyse hat jedoch die ihrerzeit revolutionäre Erkenntnis erbracht, dass die Bewusstseinsstufe, die als freier Wille und »Ich« bezeichnet wird, im menschlichen Geist nicht alleinig wirkend ist. Frühkindliche Prägungen, (sexuelle) Unterdrückung und Triebersetzungen sind geistige Narben, die das Leben, Denken und Handeln unbewusst als »Über-Ich«, als stetig strenger zu werden drohende Moralinstanz, bestimmt. Dem »Es« werden Triebe und deren Forderung nach Erfüllung zugeschrieben. Das Ich bildet sich heraus als die Instanz, die zwischen »Über-Ich« und »Es« vermitteln muss.

Ausdruck findet die weiterhin bestehende selbstverschuldete Unmündigkeit unter anderem im Fortbestehen dessen, was auch als zweite Natur bezeichnet wird. Sie und Ideologie im Allgemeinen erscheinen selbstständig und natürlich (und werden wegen ihrer scheinbaren Objektivität verteidigt). Darauf wollen wir mit einer Kritik reagieren, die das Objekt an seiner Differenz zwischen Begriff und Sache blamiert; die den Verblendungszusammenhang benennt und den Zugang zur Wirklichkeit ermöglicht.

Antifaschismus

Hitler hat den Menschen im Stande ihrer Unfreiheit einen neuen kategorischen Imperativ aufgezwungen: ihr Denken und Handeln so einzurichten, daß Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts ähnliches geschehe. (Theodor W. Adorno: Negative Dialektik)

Angelehnt an Adornos kategorischen Imperativ sehen wir einen unserer Schwerpunkte in antifaschistischer Arbeit. Der Nationalsozialismus war der Rückfall der Menschheit in die Barbarei; die Barbarei, die erst durch die Industrialisierung möglich gemacht wurde. Die Barbarei, in der Menschen als »lebensunwert « zu Millionen industriell vernichtet wurden. Antifaschismus ist für uns daher nicht nur das Zurückdrängen von tumben Schläger_innen, die Jagd auf die, die »[auffallen] ohne Schutz« (Adorno/ Horkheimer), machen, sondern auch Aufklärung über den Faschismus. Auch heute noch, denn »Faschismus ist keine politische Partei, sondern eine bestimmte Lebensauffassung und Einstellung zu Mensch, Liebe und Arbeit.« (Wilhelm Reich)

Davon ausgehend, dass das zentrale Moment des Nationalsozialismus der Antisemitismus war, wollen wir von seiner Entstehung – aus verschiedenen theoretischen Blickwinkeln – bis zu seinen Transformationen in die heutige Zeit den Antisemitismus genauer betrachten. In den letzten Jahren wurden Äußerungen gegen »Bankster«, »Zinswucherer« oder »die da oben« lauter und häufiger, wobei die strukturelle Nähe dieser Argumentationsmuster zu antisemitischen genauere Betrachtung verdient.

Im Schwur von Buchenwald heißt es: »Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.« In dieser antifaschistischen Tradition verorten auch wir uns. Das bedeutet für uns vor allen Dingen auch Aufklärungs- und Bildungsarbeit, also die Förderung kritischen Denkens, über den Faschismus und seine Wurzeln, bspw. indem wir Vorträge, Diskussionen oder Filmvorführungen organisieren.

Referatsleitung

  • Marcus Marr
    • Leiter:in
    TPH (Fak. MN)
    Matrikel 2022
  • Dennis Metzger
    • stellv. Leiter:in
    Matrikel 2017